Befeuert wird der Kindle Fire HD durch einen Texas Instruments OMAP-4460 Prozessor. Der Dual-Core taktet mit 1,2 GHz und wird von 1 GB Arbeitsspeicher unterstützt. Die Hardware gehört damit nicht zur Oberklasse, ist für den geringen Preis aber sehr gut. Als Betriebssystem kommt Android zum Einsatz, allerdings in einer Form, die kaum wiederzuerkennen ist. Damit hebt sich der Kindle Fire HD von seiner Konkurrenz ab. Ob ihm das im positiven Sinne gelingt, klären wir im folgenden Review.
Amazon Kindle Fire HD Datenblatt | |||
Bildschirm | 7 Zoll IPS-LCD | ||
Auflösung | 1280 x 800 Pixel | ||
Prozessor | TI OMAP 4460 2 x 1,2 GHz | ||
Arbeitsspeicher | 1 GB | ||
Speicher | 16 GB | ||
Akku | 4400 mAh |
An dieser Stelle danken wir Amazon für die Kooperation.
Die Front des Kindle Fire HD sieht aus, wie bei jedem Tablet. Großes Display und ein schwarzer Rahmen, die von schützendem Glas bedeckt sind. Hier kommt ebenfalls beständiges Gorillaglas zum Einsatz. Der Rahmen ist so breit, dass das Gerät gut mit nur einer Hand gehalten werden kann. Gleichzeitig sorgt er für überdurchschnittliche Maße von 193 x 137 x 10,3 Millimetern. Das Gehäuse besteht, wie üblich in dieser Preisklasse, aus Kunststoff. Dieser ist Matt-Schwarz und fühlt sich relativ wertig an. Durch die gummierte Oberfläche liegt der Kindle gut in der Hand und rutscht nicht so schnell ab.
Der Seitenrahmen des Kindle besteht aus einem etwas härteren Kunststoff. An der Unterseite finden wir dort einen Mikro-USB und –HDMI Anschluss. Rechts sitzen Power-Taste und die Lautstärkewippe. Die Kante zur Vorderseite hin ist ungewöhnlich hart, schon fast als scharf zu bezeichnen. Verletzen kann man sich wegen dem Kunststoff sicher nicht, sie fällt aber sehr unangenehm auf. Die Rückseite wird von einem glänzenden Streifen unterbrochen. Darin befinden sich an den beiden Seiten die Dual-Stereo-Lautsprecher. Außerdem ist dort der einzige kindle-Schriftzug eingelassen. Das Amazon-Logo ist in Dunkelgrau auf die schwarze Rückseite gedruckt und damit kaum sichtbar. Wie schon beim Vorgänger oder Kindle Paperwhite ist das Design sehr schlicht gehalten. Der Streifen auf der Rückseite gibt dem Fire HD aber dennoch eine eigene Note.
Einen großen Minuspunkt müssen wir beim Lieferumfang feststellen. Es ist nämlich nur ein Mikro-USB-Kabel enthalten, ein Ladegerät fehlt vollständig. Wahrscheinlich haben die meisten Kunden bereits ein solches zu Hause. Trotzdem finden wir es merkwürdig ein Elektrogerät ohne Stromanschluss zu verkaufen. Spätestens wenn man Smartphone und Kindle gleichzeitig über Nacht laden möchte, wird das Ladegerät fehlen. Dass das offizielle 1,8 Ampere Kindle Ladegerät bei Amazon 19,99 € kostet (mit dem Kindle mitbestellt kostet es nur 9,99 €), finden wir besonders dreist. Zu diesem Test hat Amazon außerdem noch die offizielle Schutzhülle mitgeliefert. Mit 42,99 € fällt diese ebenfalls ungewöhnlich teuer aus. Der Kindle lässt sich einfach in die Schale drücken, ohne mit weiteren Bändern gesichert werden zu können. Leider passt die Hülle nicht so perfekt, wie beim Kindle Paperwhite. Trotzdem sitzt der Kindle sicher darin und fällt keinesfalls heraus. In der Rückseite gibt es Aussparungen für die Lautsprecher. Die drei Systemtasten sind nicht etwa auch ausgespart, sondern werden durch exakt passende Knöpfe in der Hülle bedient.
Die Innenseite des Deckels ist mit Stoff bezogen und macht einen sehr schicken Eindruck. Die Außenseite der Hülle besteht aus stark strukturiertem Echtleder. Das ist schön anzufassen und sieht sehr gut aus. Im Deckel sind außerdem Magnete integriert. Diese halten die Hülle geschlossen und schalten den Kindle an und aus, wenn wir die Hülle öffnen oder schließen. An der Öffnung des Deckels finden wir eine Kunststoff-Leiste, die das Kindle-Logo trägt. Der Kunststoff entspricht dem weichen Material der Rückseite des Kindle Fire HD. Damit lässt sich das Kindle auf dem Tisch aufstellen, der Kunststoff erzeugt genug Reibung. Die Amazon Lederhülle ist in vielen Belangen fast perfekt geraten. Der hohe Preis ist aber dennoch etwas abschreckend.
Das Display des Kindle Fire HD konnte uns in allen Belangen überzeugen. Die 7 Zoll Größe reicht aus, um Filme zu schauen, zu lesen oder zu spielen. Dabei bleibt das Tablet kompakt genug, um jederzeit mitgenommen werden zu können. Die hohe Auflösung von 1280 x 800 Pixeln sorgt für eine sehr gute Pixeldichte von 216 dpi. Diesen Wert können nur wenige hochpreisige Tablets übertreffen. Beim Arbeiten mit normalem Abstand zum Tablet sind keine Pixel mehr erkennbar, die Inhalte werden scharf und klar dargestellt. Das IPS-Panel sorgt außerdem für eine sehr gute Blickwinkel-Stabilität. Somit kann auch gemeinsam ein Film gesehen werden. Die Farbdarstellung des Fire HD wirkt sehr realistisch und kräftig. Wie üblich reicht die Farbkraft und der Kontrast aber nicht an AMOLED-Bildschirme heran, doch selbst der Schwarzwert des Kindle ist noch sehr überzeugend.
Wie bei allen neuen Android-Geräten benötigt der Kindle Fire HD nur noch drei Tasten – zum An- und Ausschalten und für die Lautstärke-Regelung. Diese sind beim Fire HD aber denkbar ungünstig angebracht. Bis auf einen dünnen Plastik-Steg ragen sie nicht aus dem Gehäuse hervor. Optisch heben sie sich auch nicht vom Rahmen ab. Somit sind die Knöpfe kaum zu erfühlen und sind bei schlechter Beleuchtung nicht einmal gut sichtbar. Auch nach längerer Zeit haben wir immer wieder daneben gegriffen und mussten das Tablet drehen, um die Tasten zu suchen. Das ist wirklich nervig. Die Knöpfe der Amazon Lederhülle sind übrigens genauso gefertigt, immerhin muss man mit Hülle den Power-Knopf nicht mehr suchen. Bessere Arbeit hat Amazon bei der Software-Tastatur geleistet. Die Tasten sind auf dem großen Bildschirm gut zu treffen. Die wichtigen Sonderzeichen finden wir über einen längeren Druck auf die Buchstaben wieder. Außerdem sind die Shift- und Rücktaste groß gehalten und somit immer gut erreichbar. Des Weiteren beherrscht die Tastatur auch das Schreiben mit durchgehendem Wischen über die Tasten, also was man allgemein unter Gesture-Typing oder Swype versteht.
Bei den meisten Tablets ist es gar nicht so einfach, stets neue Worte für immer gleiches zu finden. Android Version 4.0 beschreibt in der Regel schon das meiste, dass es zur Benutzerführung zu sagen gibt. Beim Amazon Kindle Fire HD ist das aber etwas anderes. Obwohl es auf Android Ice Cream Sandwich basiert, erkennt man das Betriebssystem kaum wieder. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man die Firmware des Fire HD für eine Eigenentwicklung von Amazon halten. Und somit hat der Kindle auch seine eigenen Vor- und Nachteile.
Die Homescreens gibt es nicht mehr, stattdessen kommen wir stets zum selben Startbildschirm zurück, der aber seine Inhalte stetig ändert. Das sogenannte Karussell nimmt darauf den meisten Platz ein. In Cover-Flow-Manier werden dort die letzten genutzten Inhalte angezeigt, egal ob App, Buch oder Film. Darunter werden zu jedem Eintrag entsprechende Empfehlungen angezeigt. Zum neuen Skyfall Soundtrack also beispielsweise die Adele Alben, bei Apps mehr oder weniger passende andere Anwendungen. Immerhin wird dort auch ab und zu etwas nützliches angezeigt. Bei der Kindle Email, Kalender und Kontakte App werden dort Shortcuts zu einer neuen Nachricht, zum Kalender und zu bevorzugten Kontakten eingeblendet. Wie von Android 4 gewohnt, sind die Menütasten auf den Touchscreen gewandert. Doch auch hier hat Amazon Hand angelegt. Der Home-Button ist geblieben, mittig finden wir auch den Zurück-Button wieder. Die Übersicht laufender Apps gibt es aber (leider) nicht mehr, stattdessen werden über den dritten Button favorisierte Apps angezeigt, die individuell verwaltet werden können. Je nach App wird auch ein vierter Button für die Einstellungen oder Suche eingeblendet. Auch die normale App-Übersicht gibt es nicht mehr. Über dem Karussell auf dem Startbildschirm finden wir nun eine horizontale Liste mit den Einträgen Spiele, Apps, Bücher, Videos und weitere. Was sich hinter den Einträgen verbirgt ist selbsterklärend. Damit haben wir stets Zugriff auf alle wichtigen Medieninhalte des Kindle. Im entsprechenden Fenster sehen wir standardmäßig alle gekauften Inhalte, die in der Amazon Cloud liegen. Wer also in der Familie mehrere Kindle benutzt und alle auf demselben Konto registriert, kann von allen Geräten aus auf diese Dateien zugreifen. Dabei sollen auch Speicherstände von Spielen übertragen werden. Für neue Inhalte kommen wir aus den einzelnen Fenstern heraus stets zum entsprechenden Amazon Shop. Die Benachrichtigungsleiste ist geblieben und erweitert worden. Über den Benachrichtigungen wurden Shortcuts für die Lautstärke, Helligkeit, WLAN und weitere integriert. Die Einstellungen wurden ebenfalls optisch überarbeitet und vereinfacht, damit aber auch etwas eingeschränkt. Wir haben hier aber nichts wichtiges vermisst.
Der Kindle Fire HD ist eigentlich nur noch ein halber Androide. Vorteile wie die Homescreens mit Widgets oder den großen Play Store gibt es nicht mehr. Dafür wurde die Oberfläche so vereinfacht und vereinheitlicht, dass die Bedienung intuitiver und vor allem einfacher geworden ist. Für das reine Konsumieren ist der Kindle fast perfekt. Wer auch ein bisschen Arbeiten und Individualisieren will, wird mit dem Kindle dagegen gar nicht glücklich. Immerhin läuft das System meistens butterweich. Die Firmware scheint sehr gut auf den Dual-Core angepasst zu sein. Nur im Multitasking-Einsatz, wenn wir im Hintergrund eine App installieren, kommt das System ins Stocken. Viel Multitasking wird es aber auf dem Kindle nicht geben, da der praktische Button für die laufenden Apps entfernt wurde. Passionierte Android-Nutzer werden das schwer vermissen. Eine Besonderheit gibt es in der 199 € Version noch. Der Lockscreen zeigt nämlich stets Werbung statt einem Hintergrundbild. Somit lassen sich auch keine Schnellzugriffe im Lockscreen einstellen. Wen das stört, der kann für 15 € mehr eine werbefreie Version bestellen.
Bereits die Firmware setzt also den Fokus klar auf den Multimedia-Bereich. Dazu wurde der Amazon-Shop tief in das System integriert. Was Bücher und Musik angeht, ist das Amazon Angebot bestens gefüllt. Für Filme kommt der eigene Video on Demand Dienst Lovefilm zum Einsatz. Das Online-Angebot wird wohl immer noch gefüllt, denn gerade was Serien angeht ist die DVD-Auswahl von Lovefilm größer und das Angebot der Konkurrenz oft noch vollständiger. Einen Monat lang können Käufer Lovefilm testen, danach fallen für die „Digital Flatrate“ 6,99 € an. Da sich Lovefilm auf das Video on Demand Prinzip konzentriert, können Filme leider nicht für unterwegs offline gespeichert werden.
Der App-Shop kann auch nicht ganz überzeugen. Prinzipiell laufen natürlich Android-Apps auf dem Kindle, wegen dem veränderten System müssen diese aber vorher angepasst werden. Viele Entwickler sparen sich diese Mühe aber anscheinend. Die Spieleauswahl ist sehr groß und zufriedenstellend. Diese laufen auch ruckelfrei auf dem Fire HD. Doch die Auswahl anderer Apps ist nicht wirklich befriedigend. Den Google-Jüngern werden schnell die Google Apps fehlen. Doch auch Dropbox oder Polaris Office haben wir vermisst. Zwar sind die Kindle Email, Kalender und Kontakte Apps sehr gut. Die vorinstallierte OfficeSuit ist aber beispielsweise unbrauchbar und müsste erst in Pro Version gekauft werden, um auch Dokumente erstellen zu können. Der Silk genannte Browser des Kindle Fire HD läuft die meiste Zeit über sehr stabil und flüssig. Gelegentlich genehmigt er sich aber auch deutliche Denkpausen. Etwas verwundert waren wir, dass der Audible-Shop, der ebenfalls zu Amazon gehört, nicht ebenso in den Kindle Fire HD integriert ist. Die entsprechende Audible-App für Hörbücher ist aber über den App-Store verfügbar.
Film-Fans werden sich über die Lautsprecher des Kindle Fire HD freuen, die zu den Besten gehören, die wir derzeit in Tablets finden. Zwar ist der versprochene Sourround-Klang der Dual-Stereo-Lautsprecher unter Marketing-Träumerei abzustempeln. Doch was die Klarheit und Bässe der Lautsprecher angeht, waren wir sehr positiv überrascht. Hi-Fi Qualität darf man aber natürlich nicht erwarten. Das gute Display tut seinen Rest zum Filmvergnügen. Zusammen mit Musik, Spielen und Büchern könnte der 16 GB Speicherplatz allerdings bald knapp werden. Einen SD-Karten-Slot gibt es nicht. Wie beim Nexus 7 ist man also auf die Cloud angewiesen, nur eben diesmal auf die Amazon-Cloud. Leider gehören unsere Leistungs-Benchmarks genauso wie der Battery Benchmark zu den Apps, die nicht auf dem Kindle laufen. Wir konnten aber mehrere Filme hintereinander anschauen, ohne laden zu müssen. Die offizielle Angabe von 11 Stunden Laufzeit ist etwas übertrieben. Sechs bis sieben Stunden Nutzung entsprechen eher unserer Schätzung.
Die Frontkamera des Fire HD ist wie üblich schlecht und verrauscht, für Videotelefonie aber ausreichend. Eine Kamera auf der Rückseite gibt es nicht, wir vermissen diese bei einem Tablet aber auch nicht.
Am Fazit angelangt bleiben wir etwas zwiegespalten. Ohne Frage ist der Amazon Kindle Fire HD ein sehr attraktives Angebot für 199 €. Wir haben uns bisher vor dem Vergleich gedrückt, doch natürlich konkurriert es direkt mit dem Google Nexus 7. Für 199 € bekommen wir bei beiden Tablets ein sehr gutes 7 Zoll-Display, gute Verarbeitung und angenehme Performance. Auch wenn die Hardware des Kindle schlechter ist, bemerkt man dies im Betrieb kaum. Für den reinen Konsum und Zeitvertrieb ist die angepasste Firmware des Kindle Fire HD gut geeignet. Doch widersetzt sich das stark veränderte System des Kindle Fire HD dem Open Source-Gedanken von Android und muss auch darunter leiden. Abgesehen von Spielen fehlten uns auf dem Fire HD einige Apps. Außerdem lässt es sich kaum individualisieren, die praktischen Widgets sind nicht verfügbar. Umso schlimmer, dass neben dem App-Shop auch das Lovefilm-Angebot kränkelt. Auf alternative Anbieter umzusteigen ist mit dem Fire HD nicht so einfach möglich.
Restlos überzeugen konnte der Kindle Fire HD also nicht. Für das Budget von 199 € hat das Google Nexus 7 im Schnitt die Nase vorne. Dennoch findet man beim Kindle ein interessantes Software-Konzept und solide Hardware. Für die schnelle Unterhaltung auf dem Sofa zieht der Ein oder Andere den Fire HD aber vielleicht doch vor. Dabei sollte man sich vorher mit den Vor- und Nachteilen des Amazon Angebots vertraut machen.